Am Mittwoch den 9. April 2014 lud die CDU Prenzlauer Allee zu einem spannenden Diskussionsabend zum Thema Mieten und Wohnungsbau in Berlin in die GLS-Sprachenschule in der Kastanienallee. Als Gäste begrüßten wir Rainer Bahr, Pankower Wohnungsunternehmer, und Götz Müller, Vorsitzender der BVV-Fraktion Friedrichshain-Kreuzberg.
Herr Bahr stellte uns ein aktuelles Immobilienprojekt vor, das er mit seinem Unternehmen umsetzt. Er ist seit über 20 Jahren als Bauträger und Liegenschaftsverwalter in Berlin tätig. Bei dem aktuellen Bauvorhaben in der Belforter Straße /Straßburger Straße geriet er allerdings in gewisse Willkürlichkeiten einer Politik aus dem linken Sektor. Das Objekt verfügt über 110 Bestandswohnungen. Mit dem Neubau von 120 Wohnungen auf dem Gelände sind auch Investitionen in den Altbau sowie ein lebenslanges Schutzrecht für die alten Mieter verbunden. Auf Mieterhöhungen nach der Sanierung wird verzichtet, auch wenn der durchschnittliche Mietpreis bei günstigen 4,37 Euro pro Quadratmeter liegt. Für soviel Entgegenkommen gegenüber den Altmietern erhielt Bahr damals als Antwort von einem Pankower SPD-Politiker: "Herr Bahr, Sozialpläne machen nicht Sie, sondern wir."
Rainer Bahr weiß heute, dass das von ihm vorgelegte Sozialkonzept von Anfang an hätte durchgewunken werden können. Stattdessen folgten ein mehrere Jahre andauerndes Gerangel und eine Juristerei, die offen als Mittel zur Verzögerung genutzt wurden. Der Bau wurde von der linken Mehrheit in der BVV beinahe exemplarisch in seinem beliebigen Ermessen abgelehnt. Zunächst ging es um die Bauriegel, die als besonders schützenswert erachtet wurden. Die vorgelegte typische Prenzlauer Berg-Blockbebauung, die die Liegenschaft mit den Anbauten städtebildtauglich und funktionell verbinden sollte, wurde kategorisch abgelehnt. Dabei wurde der Bebauungsplan mit dem Bauamt entwickelt und die Endabstimmung war bereits erfolgt. Auch ein von Bahr vorgelegter Plan B wurde unter immer abstruseren Meinungsäußerungen wie die zu einer gewissen Wertigkeit der 60er-Jahre-Baukultur abgelehnt. Später wurde die Fassadenseite als zu sehr verdichtet abgelehnt. Erst ein Gericht entschied drei Jahre später, das war 2013, dass das Objekt in seinen Ursprungsplänen von Bahr umgesetzt werden kann und die vorgelegten Einwände keinen Bestand hätten. Dabei ging es um Zeit. Ein Spiel, das die gegnerischen Politiker teuer zu stehen hätte kommen können, hätte Bahr auf den ihm zustehenden Schadenersatz, der sich durch die zeitliche Bauverzögerung inzwischen auf 2,3 Millionen Euro summierte, bestanden. Stattdessen einigte man sich. Die rot-grüne Mehrheit in der BVV präsentierte das riskante Schauspiel anschließend als Verhandlungserfolg. Nun kann endlich gebaut werden. In den Innenstadtgebieten gibt es nun mal die höchste Nachfrage nach Wohnungen. Statt 12 vorhandener Wohnungen, die für den Neubau weichen müssen, werden nun 120 neue Wohnungen geschaffen, die in verschiedensten Größen und Ausstattungen zum Kauf sowie zur Miete neu auf den Markt kommen. Die Bestandsmieter werden geschützt und auf eine massive Verdichtung des Grundstückes wurde bewusst verzichtet. Die Bestandsmieter aus dem Objekt in der Belforter Straße hat Bahr alle persönlich in intensiven Gesprächen kennengelernt. Zu den nun laufenden Baumaßnahmen resümiert er, dass es zwar keiner witzig findet, dass nebenan gebaut wird, aber die Mieter würden mehrheitlich Toleranz zeigen und der Meinung sind, dass je schneller angefangen wird, desto schneller ist es fertig.
Nach diesem konkreten Beispiel aus dem Bezirk Pankow schloss sich eine grundsätzliche Diskussion über widersprüchliche Wohnungsmarktinstrumente wie z.B. Umwandlungsverordnung (/-verbot) und Mietpreisbremse an. "Diese Regularien, die den angeblich entfesselten Markt beruhigen sollen, erreichen die das Ziel?" stellt der Gastgeber und Vorsitzende der CDU Prenzlauer Allee Torsten Kühne als entscheidende Frage in den Raum und weißt auf die Wohnungsknappheit in den Innenstadtbezirken hin. Rainer Bahr führte das Beispiel des Kollwitzplatzes auf - ein angebliches Beispiel für Gentrifizierung. Die Fakten sehen allerdings anders aus. 60% der Wohnungen rund um den Kollwitzplatz liegen bei unter 6€ /qm für die Miete. "Wir wollen die übliche Berliner Mischung haben." heißt es dazu gerne in der Politik. Was die übliche Berliner Mischung in ihrer Definition bedeutet, bleibt dabei aber offen. Der Staat hat die Kontrolle über 45% des Wohnungsbestandes in Prenzlauer Berg-Süd.
In der Diskussion wird auch deutlich, dass auch bei einer Mietpreisbremse auf dem freien Markt nur derjenige die Wohnung erhält, der die vernünftigste Bonität vorweisen kann. Das heißt, dass gut situierte Mieter am meisten von der Mietpreisbremse profitieren. Das ist ein Problem sowohl für den Eigentümer als auch für den sozial schwächeren Mieter. Dem Eigentümer fehlen dadurch notwendige Investitionsmittel und die Mietsuchenden, für die eigentlich die Mietpreisbremse Wohnraum erschwinglich machen soll, profitiert von den günstigen Mieten gar nicht. Götz Müller, Vorsitzender der CDU-Fraktion in der BVV Friedrichshain-Kreuzberg, weist in diesem Zusammenhang daraufhin: "Ich muss mich entscheiden: Möchte ich billig wohnen, dann muss ich Wohnungsneubau fordern. Je größer das Angebot desto günstiger der Marktpreis."
Kühne stellt im Rahmen der Diskussion die wichtige Frage: "Wie würde eine vernünftige Liegenschaftspolitik im Land Berlin aussehen müssen, damit die Mieterstruktur gestärkt und Investitionen trotzdem nicht abgewürgt werden?" Ergänzend verweist er auf die aktuellen Zahlen zum Wohnungsbau in Berlin – insbesondere in Pankow – im Vergleich zu den jährlichen Zuzügen und den Geburten in Pankow. Bahr erklärt, wenn sinnvoll gefördert würde, könne relativ schnell Wohnraum umgesetzt werden. Es wird deutlich, dass insbesondere ausgewiesene Bauflächen wichtig sind. Die öffentliche Förderung muss es auch der Privatwirtschaft ermöglichen, wieder mehr zu investieren. Und auch die öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften müssen mehr machen. Wir müssen im Land Berlin die Angst überwinden, Infrastruktur-Änderungen anzunehmen. Hinter dem Milieuschutz steht nicht selten die Angst vor Veränderung.